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Sport in Augsburg

Tim Wohlgemuth im Interview

06.11.25 - 10:00 Uhr

Tim Wohlgemuth wechselte im Sommer vom Deutschen Vizemeister Köln in die Fuggerstadt und bestreitet nun bei den Panthern sein achtes Jahr in der PENNY DEL. Sport in Augsburg gab er in einem großen Interview kurz vor der Deutschland Cup-Pause einen tieferen Einblick in seine bisherige Karriere und seine Ziele mit den Augsburger Panthern.

Sport in Augsburg: Du bist geboren in Landsberg am Lech – wie kam dort der Kontakt zu Eishockey zustande?

Tim Wohlgemuth: Wir haben damals tatsächlich schon in Kaufbeuren gewohnt. Meine Eltern sind nur für die Geburt in das Landsberger Krankenhaus gefahren und anschließend wieder zurück. In Kaufbeuren gibt es natürlich einen traditionsreichen Eishockeyverein und irgendwie bin ich da reingerutscht. Die Idee meiner Eltern war, dass ich einfach verschiedene Sachen ausprobieren sollte. Ich habe also angefangen mit Eislaufen und habe auch lange Fußball gespielt und dann war da Eishockey nicht mehr weit weg.

Deine gesamte Jugend bis hin zur DEL2 hast du in Kaufbeuren verbracht. Wie hast du diese Zeit in Erinnerung?

Ich habe in Kaufbeuren immer das Glück genossen, dass ich vom Verein wahnsinnig gefördert wurde. Man muss da sehr dankbar sein, denn in kleineren Vereinen ist es immer so gewesen, dass es sehr viele ehrenamtliche Mitarbeiter gab, die mit ganz großer Leidenschaft den Eishockeysport so überhaupt ermöglichen. Da steckt sehr viel Arbeit dahinter, so einen Haufen Kinder oder Teenager zu betreuen und alles zu organisieren. Das ist ein riesiger Arbeitsaufwand! Mir ist dann zudem eine wahnsinnig wertvolle individuelle Förderung zugutegekommen, so dass ich hin und wieder auch mal eine Altersklasse überspringen konnte und schon früh ein höheres Level genießen konnte. Das hat mir unglaublich viel an spielerischer Reife gegeben, weil ich immer gefordert wurde und mich immer steigern musste. Das hat mich definitiv geprägt und ich glaube, dass viele, die über den Nachwuchs von kleinen Vereinen kommen, das so genossen haben und daran sehr gewachsen sind.

Gibt es etwas, was du dir damals angeeignet hast und seitdem immer noch machst – sei es eine Angewohnheit, eine Routine oder ähnliches?

Tatsächlich gar nichts. Bei mir sind alles kurzfristige Routinen und ich habe mich da nie in etwas festgefahren. So ist das auch immer noch – sobald mir etwas nicht mehr gefällt, wird es geändert. Es gibt also nichts, was immer genau gleich sein muss.

In dieser Zeit durftest du auch Teil der U-Nationalmannschaft sein. Welche Erfahrungen konntest du dort sammeln?

Das war natürlich mega! Es hat unfassbar viel Spaß gemacht, dass man in diesem Alter zu so vielen unterschiedlichen Orten zu großen Turnieren reisen durfte. Da war ja von Slowakei, Schweiz, Österreich, Weißrussland oder Finnland alles mögliche dabei und dementsprechend auch einige Länder, in die man als Teenager jetzt nicht einfach mal so gekommen ist. Das waren wirklich mega Erfahrungen. Auch des Austausch mit den Jungs im gleichen Alter, die dann aber in Köln oder Berlin gewohnt haben und auf Sportinternate gegangen sind und ganz andere Erfahrungen mitgebracht haben. Das war sehr prägend und eine super Zeit, aber auch immer sehr intensive Wochen, wenn wir unterwegs waren. Man merkt das auch heute noch, wenn man ein paar der Jungs auf dem Eis trifft, da freut man sich schon immer sehr, dass man sich noch einmal sieht.

Wieviel Zeit bleibt bei solchen Reisen, um die Städte zu besichtigen oder ein kulturelles Programm zu veranstalten?

Eigentlich schon relativ viel. Also man geht eher selten umher und schaut sich alles an, was aber vor allem daran liegt, dass es häufig kleinere Städte waren und es keine großen Sehenswürdigkeiten gab. Da geht es dann hauptsächlich um das Sportliche. Aber man versucht schon die Zeit zu nutzen und mit den Jungs etwas heraus zu kommen und das hat auch eigentlich immer ganz gut funktioniert.

Über Memmingen ging es dann nach Ingolstadt – wie kam es zu dem Wechsel?

Das war eigentlich relativ selbsterklärend damals. Über Memmingen hatte ich den Sprung in die zweite Liga geschafft und Kaufbeuren war damals Kooperationspartner von Ingolstadt, wo Larry Mitchell Sportdirektor war. Damals war es fast schon verrufen, als junger Spieler direkt in die DEL zu gehen, weil es keine „U-Regelung" gab und die Förderung von unausgebildeten, jungen Spielern eigentlich nicht vorhanden war. Ich dachte mir damals, dass das auf gar keinen Fall Sinn macht. Ich hatte in der DEL2 schon nicht wirklich viel Eiszeit genossen, eher durchschnittlich und somit war das irgendwie unvorstellbar. Ich habe das nur gemacht, weil Kaufbeuren Kooperationspartner war. Sinn der Sache war quasi nach Ingolstadt zu gehen, aber nach Kaufbeuren ausgeliehen zu werden, um dort langsam die nächsten Schritte zu machen und dann eventuell den Schritt nach Ingolstadt zu schaffen. Gleichzeitig konnte ich somit von der Trainingsförderung in der DEL und solchen Sachen profitieren. Es ging dann allerdings alles etwas flotter und ich habe zwei, drei Schritte übersprungen. Ich wurde da zum Glück ziemlich schnell in das kalte Wasser geworfen und habe eine Förderung bekommen, die viele Spieler in meinem Alter nicht bekommen haben, obwohl sie es sicher auch verdient gehabt hätten. Daran bin ich sehr gewachsen.

Woran lag es, dass es bei dir so schnell ging?

Da gibt es mehrere Gründe und ich glaube ich hatte in vielen Aspekten etwas Glück. Welche Planungen der Trainer hatte wusste ich zu dem Zeitpunkt nicht, das wurde mit einem 19-Jährigen damals auch einfach nicht besprochen. Allerdings hatten wir zwei, drei Verletzungen und dann kam die „U-Regel" noch hinzu. Damals musste zwar nur ein U23-Spieler im Spiel eingesetzt werden, aber immerhin gab es somit einen festen Platz. Wir hatten damals, glaube ich, drei U23-Spieler im Kader und ich hatte Glück, dass ich mir als Mittelstürmer einen Spot zu Saisonstart erarbeiten konnte. Das hätte natürlich auch alles ganz anders laufen können, wenn ich beispielsweise keine gute Vorbereitung gespielt hätte oder der Kader etwas tiefer gewesen und meine Position gar nicht frei gewesen wäre. Dann wäre das vielleicht gar nicht möglich gewesen.

Wann hast du erfahren, dass es für dich eventuell die Möglichkeit gibt, in der DEL zu spielen?

Das war tatsächlich schon sehr sehr früh und noch bevor ich überhaupt Profispiele gemacht habe. Ich weiß, dass Larry Mitchell damals bei einem Spiel zugesehen hatte, als ich noch DNL gespielt habe. Da entstand der erste Kontakt und alles weitere lief dann natürlich über den Berater. Damals war auf jeden Fall schon Interesse da und als ich dann etwas später meine ersten Profispiele gemacht habe, ist es schnell konkreter geworden.

Wie hat deine Familie darauf reagiert, dass du nun Profisportler bist?

Es war eigentlich nie mein Plan, Profisportler zu werden. Ich habe während dem Abi nie aktiv darüber nachgedacht, Profisportler zu werden, weil ich mich nie als so außergewöhnlich gut eingeschätzt hätte. Nach dem Abitur war ich 17 und dachte mir, dass ich so jung bin und keine Ahnung habe, was ich machen soll. Ich hatte keine Weitsicht in diesem Alter und habe mich einfach nur auf das Abitur konzentriert und dachte mir, dass sich der Rest dann schon ergeben wird. Irgendwie hat sich dann aber nichts ergeben. Von meinen Freunden haben viele ein FSJ oder ähnliches gemacht und dann dachte ich: Gut, dann spiel ich einfach ein Jahr Eishockey und danach geh ich studieren. So hatte ich zumindest ein Jahr Zeit, mir zu überlegen, was genau ich machen möchte. Ich habe dann einen Vertrag in Kaufbeuren unterschrieben, um weiter DNL spielen zu können und zudem ein bisschen Taschengeld zu verdienen und dann hat sich daraus so viel ergeben, dass ich mir dachte, vielleicht sollte ich diesen Weg doch mal probieren. Und genau so war die Reaktion meiner Eltern. Sie haben mich nie zu etwas gedrängt oder wollten unbedingt, dass ich Profisportler bin. Und das gab es auch dann nie. Hätte ich mit 22 gesagt, ich möchte jetzt etwas anderes machen, dann hätten sie das sicherlich genauso unterstützt.

Wie hast du dein erstes Profijahr erlebt?

Das erste Jahr war schon sehr besonders. Man bekommt so viele neue Eindrücke und ein Jahr, in dem man wirklich für den Profikader eingeplant ist, so zu durchlaufen, ist etwas ganz anderes. Diese ganze Profivorbereitung, die Events, Interviews, Fotoshootings, das war schon sehr intensiv und hat mich auf jeden Fall geprägt. Eigentlich ist das erste Jahr ja sowieso das geilste, aber man merkt das oft erst im Nachhinein. Denn in deinem ersten Jahr hast du überhaupt keinen Druck, niemand erwartet wirklich etwas von dir. Man kann eigentlich nur gewinnen. Vincent Kompany (Anm.: Trainer des FC Bayern München) hat das letztens auch in einem Interview gesagt. Da meinte er, dass die jungen Spieler nicht dafür da sind, Spiele zu gewinnen. An sie sind einfach keine Erwartungen geknüpft. Natürlich hat man trotzdem einen Leistungsdruck, man ist schließlich Leistungssportler, aber es wird nicht erwartet, dass man gleich 30 Punkte macht oder 10 Tore schießt. Im Nachhinein gesehen war das noch ein sehr freies Jahr, danach hat man Erwartungen an sich selber und der Druck steigt. Umso älter, desto gefestigter wird dieses Mindset auch.

2021 dann der Wechsel nach Mannheim. Hier lief es für dich richtig gut, du hast zwei Saisons dort verbracht und 35, beziehungsweise 24 Punkte gemacht. Warum folgte dann 2023 der Wechsel nach Köln?

Ich habe in Mannheim in meinem zweiten Jahr viele Hürden gehabt, bei denen ich nicht das Gefühl hatte, dass ich diese überwältigen könnte. Ich hatte mich auch nicht mehr zu 100% wohl gefühlt, was unterschiedliche Gründe hatte. Und auch wenn ich von der Statistik her ganz gut gepunktet hatte, habe ich eigentlich überhaupt nicht gut gespielt. Deswegen hatte ich das Gefühl ich brauche einen Neuanfang und muss einfach rauskommen. Dann habe ich meine Optionen abgewägt und Köln war für den damaligen Zeitpunkt der beste Spot für mich.

In Köln gab es auch einige Rückschläge. Wie geht man mit solchen Momenten um, wenn man die eigenen Erwartungen nicht erfüllen kann?

Das kann ich so gar nicht beantworten, weil es eigentlich keine Lösung gibt. Wenn es scheiße läuft, läufts scheiße. Dann kann man nicht groß was machen, außer hoffen. Du musst jedes Mal zum Training und zum Spiel kommen und dein Bestes geben. Das ist natürlich problematisch, wenn man grad kein Selbstvertrauen hat. Denn ohne Selbstvertrauen kommt man leider nicht sehr weit. Man muss einfach arbeiten und versuchen, nicht zu sehr darüber nachzudenken. Es hilft auch nicht zu denken, dass man jetzt alles Mögliche verändern müsste, um die positive Wendung herbeizuführen. Man muss einfach dranbleiben und weiterarbeiten, damit es irgendwann besser läuft und man so zurück in die Spur kommt. Mehr kann man da echt nicht machen.

Mit Köln konntest du letztes Jahr dennoch die Vizemeisterschaft feiern. Wie hast du diesen Moment erlebt?

Sehr sehr intensiv. Die Playoffs letztes Jahr waren so unfassbar nervenaufreibend. Die ersten zwei Runden gaben mir das Gefühl, dass jedes Spiel vier Stunden dauerte und sich immer länger zieht. Jeder Puck wird umkämpft wie noch nie und bis zu dem Punkt, als wir am Ende ein bisschen eingeknickt sind, war es auf jeden Fall das intensivste Eishockey, das ich je gespielt habe.

Wie hoch ist die Belastung in so einer intensiven Playoff-Phase?

Das Gute ist, dass du gar nicht viel Freizeit benötigst, um andere Dinge zu planen, da du dich vollkommen konzentrieren möchtest, um dein Bestes abliefern zu können. Wenn man dann nach 7 Spielen mal einen freien Tag hat, ist der auf jeden Fall nicht so vollgepackt. Es ist aber auch emotional und mental belastend. Jedes Spiel ist ausverkauft, es geht um alles, der ganze Körper schmerzt und man kommt kaum dazu, sich zu erholen. Man versucht das Beste, aber man ist auf jeden Fall sehr platt danach.

Wie hast du den anschließenden Sommer verbracht?

Dadurch, dass ich eine relativ lange Saison hatte und dann noch umziehen musste, war ich erst relativ spät in Augsburg. Zum ersten Juni bin ich hier in das Training eingestiegen und somit waren es eigentlich nur noch zwei Monate. In dieser Zeit war ich natürlich regelmäßig am Trainieren, bin in den Urlaub gefahren und habe versucht, relativ viel mit Freunden und Familie zu unternehmen. Und dann war die Zeit auch relativ schnell schon wieder vorbei.

Wie kam der Kontakt mit den Panthern zustande?

Das lief natürlich auch wieder über den Berater. Aber für mich war das eigentlich schnell geklärt und ich hatte den Vertrag schnell unterschrieben, weil ich bereits alles wusste, was ich über den Standort und die Rahmenbedingungen wissen wollte. Ich hatte auch nichts nachzuverhandeln und nachdem ich wusste, die Augsburger Panther würden mich gerne verpflichten und ich würde auch gerne nach Augsburg gehen, dann gab es für mich da keinen großen Diskussionsbedarf.

Nun ist in Augsburg Larry Mitchell Sportdirektor, der dich ja auch damals nach Ingolstadt geholt hat. Hat das für dich eine Rolle gespielt?

 Schwer zu sagen, denn irgendwie ist es theoretisch eigentlich egal, wer Sportdirektor in einem Verein ist, irgendwie aber auch nicht. Man braucht natürlich einen Sportdirektor, der einen möchte und auch fördert. Oder man spielt in einem Verein, bei dem der Sportdirektor nicht mehr mit einem plant, dann aber den Verein verlässt. In solchen Situationen ist es natürlich nicht egal, wer die Position besetzt. Aber prinzipiell spielt es keine wahnsinnig große Rolle. Mir hat es natürlich geholfen, da es somit keine große Kennenlernphase gab und ich genau wusste, welche Strukturen mich erwarten und welche Ideen im Raum stehen. Am Ende liegt meiner Meinung nach aber viel mehr am Trainergespann und der Sportmannschaft, denn die sind täglich im direkten Kontakt. Der Sportdirektor kann von dir denken, dass du der beste Spieler der Welt bist und der Trainer setzt dich trotzdem nicht ein. Das ist natürlich ein Extremfall, aber es zeigt den Unterschied recht gut.

Was waren die Hauptgründe für den Wechsel?

Auf jeden Fall wollte ich wieder etwas näher in Richtung Heimat. Bayern war daher für mich gesetzt. Zudem wusste ich, dass Augsburg eine schöne Stadt ist. Meine Eltern haben hier studiert und ein Teil meines Freundeskreises studiert hier immer noch. Daher kannte ich die Stadt schon, kenne mich relativ gut aus und hatte das Gefühl, dass es auf jeden Fall ein Schritt nach vorne sein könnte.

Was erhoffst du dir von deinem Wechsel?

Ich erwarte schon, dass ich sportlich wieder zurück in die Spur finde. Ich denke, wenn man hier nicht die höchste Erwartung an sich selbst hat, dann braucht man Profisport nicht mehr auf dem höchsten Level erreichen. Entweder man ist mit 100 Prozent bei der Sache, oder es geht schnell nach hinten los und man bekommt relativ schnell die Konsequenzen zu spüren. Ich hoffe, dass das auch meine „Wiederbelebung" ist, sofern das ein angemessener Begriff ist. Auf jeden Fall möchte ich attraktives Eishockey spielen und wieder selbst mit mir zufrieden sein.

Welche Rolle spielst du im Team der Augsburger Panther?

Ich denke, dass ich eine relativ große Vielfalt mitbringe. Ich kann sowohl Mittelstürmer, als auch Außenstürmer spielen. Ich bin froh, dass ich jetzt wieder in der Mitte spielen darf und versuche, Geschwindigkeit und Kreativität mit hineinzubringen. Ich hoffe natürlich, dass das Scoring auch ganz gut wird und das alles so hinbekomme. Dazu kommt, dass ich meine Reihe als Mittelstürmer natürlich führe und damit kommt schon eine relativ große Verantwortung einher. Das zeigt sich ja allein schon bei der Bullyquote. Wenn ich viele Bullys verliere, dann laufen wir in jedem Wechsel die ersten 20 Sekunden erst einmal dem Puck hinterher und darunter leidet natürlich die ganze Reihe. Neben der defensiven Verantwortung sollst du noch dazu deine Außenstürmer richtig führen und in Szene setzen. Das ist schon einiges.

Wie lief die Umstellung von Köln auf Augsburg – sportlich wie auch privat?

Ich hatte das Gefühl, dass es super flott ging, was vermutlich auch dem geschuldet war, dass ich sehr viele Spieler schon gekannt habe. Ich hatte auch nie das Gefühl, dass es in Augsburg Spielern schwer gemacht wird, sich zu akklimatisieren oder gut anzukommen. Es ging auf jeden Fall sehr zügig und liegt natürlich auch in der eigenen Verantwortung. Denn Profisport ist darauf ausgelegt, dass er relativ kurzlebig ist und man sich schnell anpassen muss. Aber die Strukturen waren auf jeden Fall super.

Welche Spieler kanntest du bereits?

Aus der Mannheimer-Zeit kannte ich Luca Tosto, Moritz Wirth und Fabrizio Pilu schon, in Köln habe ich mit Alexandre Grenier zusammengespielt. In Ingolstadt war ich mit Enrico Henriquez und Michael Garteig zusammen. Das ist schon ein ganzer Haufen.

Hat es für dich eine Rolle gespielt, dass Alexandre Grenier ebenfalls von Köln nach Augsburg wechselte?

Ich glaube, er ist sehr viel später nach Augsburg gekommen als ich, weswegen es für mich keine Rolle gespielt hat. Ich habe mich natürlich gefreut, weil ich denke, dass er ein super Teilstück unserer Mannschaft ist. Man könnte ihn als das letzte Puzzlestück bezeichnen, welches dem Team noch gefehlt hat. Ich denke, dass er in den letzten Jahren so viel auf dem Eis gezeigt hat, dass man weiß, dass man hier einen der Topspieler unserer Liga geholt hat.

Die Saison ist immer noch recht jung, aber ihr seid ja als komplettes Team doch schon seit Anfang August zusammen. Gibt es schon besondere Erlebnisse oder Eindrücke aus dem Team?

Ich denke, dass wir ein sehr sehr gutes Kollektiv haben. Ich habe das Gefühl, dass wir eine sehr lockere Atmosphäre haben. Der Konkurrenzkampf ist natürlich präsent, aber wird nicht so sehr ausgelebt, was ich in anderen Teams schon ganz anders erlebt habe. Wir haben jetzt keine große Rollenverteilung mit einem speziellen Kabinen-DJ oder so etwas, aber wir haben auf jeden Fall einige lustige Jungs und ich denke, dass alle gut integriert sind.

Wie waren die ersten Eindrücke vom Trainerstab und dem Umfeld?

Sehr kompetent! Ich hatte sofort das Gefühl, dass wir mit Bill Peters und Thomas Dolak zwei Trainer haben, sie so viel vom Eishockey verstehen, wie vermutlich nicht viele. Ich denke, dass wir sehr froh sein können, so ein gutes und kompetentes Trainerteam zu haben.

Hat es einen Einfluss auf das Spiel, wenn man sich mit seinen Mitspielern auch privat gut versteht?

Es machts natürlich einfacher, wenn man harmoniert. Aber am Ende bist du Profi und musst mit jedem spielen können. Ich hatte das Gefühl, dass ich mit Alexander Blank eine super Chemie hatte auf dem Eis, bin aber auch mit meiner jetzigen Reihe super zufrieden und habe auch hier das Gefühl, dass eine gute Harmonie herrscht.

Welche sportlichen Ziele hast du dir für die Saison mit Augsburg gesetzt – sowohl als Team als auch persönlich?

Persönlich habe ich mir keine speziellen Ziele gesetzt. Ich möchte einfach eine konstante Saison zu 100 Prozent spielen, ohne mir danach etwas vorwerfen zu müssen. Was passiert, passiert. Für das Team denke ich, dass unser Anspruch schon ist, in den Top 10 zu landen. Das Potential dafür haben wir auf jeden Fall.

Wie würdest du deinen Spielstil beschreiben? Wo liegen deine Stärken?

Ich denke, dass ich auf dem Eis viel Speed habe und diesen auch gut umsetzen kann. Ich bin relativ kreativ und habe mittlerweile auch sehr gut verstanden, wie man sinnvolles Eishockey spielt. Das heißt, eine Idee zu haben und diese umzusetzen, ohne zu abgefahren zu werden. Daher glaube ich, dass ich mittlerweile einen ziemlich erwachsenen Spielstil habe. Ich glaube aber nicht, dass ich einen Bereich hatte, in dem ich wahnsinnig ausgefallen war. Es war eher so, dass ich schon immer in allen Bereichen halbwegs zufriedenstellend war und das meiste dann mit einem guten Spielverständnis gemacht habe. Damit bin ich eigentlich ganz gut gefahren. Wenn mich jetzt jemand im Winter auf dem See sehen würde, würde er vermutlich nicht sagen, dass hier gerade jemand mit super Stickhandling oder ein wahnsinns guter Schlittschuhläufer unterwegs ist. Aber ich denke, dass ich aus allem das Beste mache.

Wie würdest du die bisherige Saison beschreiben?

Ich denke, dass wir halbwegs zufrieden sein können. Wir haben die Spiele gewonnen, die wir gewinnen sollten. Wir hätten in dem ein oder anderen Spiel, wenn wir etwas konzentrierter bei der Sache gewesen wären, sicher noch Punkte holen können. Aber alles in allem denke ich, dass jeder mit dem aktuellen Stand zufrieden ist. Wenn wir uns noch etwas mehr zusammenraufen und konzentrierter spielen, wird man sicher noch einige Spiele gewinnen können. Wir müssen als Team einfach noch stärker zusammenwachsen und zueinanderfinden. Der Instinkt füreinander muss erst entwickelt werden. Man darf über bestimmte Situationen eigentlich gar nicht nachdenken, sondern es muss auf dem Eis einfach passieren. Das kommt allerdings nicht nach ein paar gemeinsamen Trainings, sondern beginnt eigentlich erst so richtig mit dem Ligabetrieb.

Dabei gibt es natürlich auch nicht so gute Strecken – Ihr hattet mit Nürnberg, Mannheim und München keinen leichten Auftakt und drei Niederlagen einstecken müssen. Wie geht man in Spiele gegen Mannschaften, die statistisch gesehen nur schwer schlagbar sind?

Also man geht auf keinen Fall mit der Einstellung rein „Schauen wir mal was es wird, wenn wir nicht gewinnen, ist es auch nicht so schlimm." Als Team wollen wir natürlich immer alles rausholen und bestmöglich abschneiden. Rückblickend gesehen waren es definitiv drei schwere Spiele. In Nürnberg ist es immer hart und gegen Mannheim und München hat man natürlich Spiele, die man, statistisch gesehen, nicht so häufig gewinnt. Aber man hat immer den Anspruch Punkte zu holen und gerade nach der erfolgreichen Vorbereitung wollten wir natürlich nicht nach drei Spielen ohne Punkte dastehen. Ich glaube, was uns eher gestört hat, war die Art und Weise, wie wir gespielt haben. Es war nicht schlimm, dass wir null Punkte hatten, so etwas kann passieren. Aber wir haben einfach nicht besonders gut und gerade in München und Zuhause gegen Mannheim wäre sonst mehr drin gewesen. Das hat uns ziemlich geärgert.

Gibt es etwas, worauf du dich diese Saison besonders freust?

Auf jeden Fall auf olympisches Eishockey. Es passiert ja nicht alle Jahre, dass wirklich die Big Boys aufgefahren werden. Daher wird das sicher ein Riesenevent, auf welches ich mich sehr freue. Sportlich freue ich mich immer auf die Zeit mit den Jungs oder an bestimmte Spielorte zurückzukehren oder gegen alte Teamkollegen zu spielen.

Du warst als Teil der gegnerischen Mannschaft schon einige Male zu Gast im Curt-Frenzel-Stadion. Wie hast du das Stadion und die Fans wahrgenommen?

Ich hatte ja das Privileg, mit Ingolstadt hier zu spielen (lacht). Das war auch noch zu einer Zeit, in der Augsburg auf jeden Fall relativ erfolgreich war. Und da haben wir das ein oder andere Spiel in Augsburg auch verloren, da ist die Atmosphäre schon sehr hängen geblieben im Kopf. Auch mit Köln letztes Jahr, als wir 6:3 geführt haben und dann in Overtime noch 6:7 verloren haben – da ist die Bude abgebrannt. Auf der anderen Seite lagen wir beim zweiten Auswärtsspiel 3:0 hinten und haben dann noch 3:4 gewonnen, da war wieder enormes Feuer drin, wenn auch auf eine ganz andere Weise. Wir haben hier ein sehr emotionales Stadion und alles ist sehr authentisch. Die Leute gehen gerne hin und den Fans bedeutet der Verein sehr viel. Das ist in vielen Standorten nicht so ausgeprägt wie hier.

Beeinflusst dich die emotionale Atmosphäre während dem Spiel?

Definitiv – sowohl positiv, als auch negativ. Wenn wir super spielen und in Führung liegen, ist nur Positivität da. Es kann aber auch sein, dass nach ein paar Icings und schlechten Pässen schon die ersten Pfiffe kommen. Das beeinflusst dann natürlich auch. Ich spiele persönlich lieber in so einer Atmosphäre, als in toten Stadien, wo man das Gefühl hat, die Leute haben überhaupt nicht verstanden, dass ich gerade einen Fehlpass gespielt habe.

Wie stellst du dir den perfekten Verlauf deiner weiteren Karriere vor?

Ich habe da eigentlich keine großen Ansprüche und würde es gerne weiterhin so unorganisiert wie möglich halten. Ich möchte mir nicht selber Steine in den Weg legen, sondern mir alles offenhalten. Wenn ich mit 29 keine Lust mehr auf Eishockey habe, möchte ich auch aufhören können und diese Entscheidung durchziehen und nicht an einer Vorgabe klammern, dass ich doch mit 35 noch in der PENNY-DEL spielen wollte und jetzt mein großer Lebenstraum nicht in Erfüllung geht. Ich möchte Spaß an der Sache haben. Solange ich diesen Spaß habe, der aktuell auf jeden Fall vorhanden ist, möchte ich spielen, solange es geht. Und wenn nicht, dann eben nicht. Ich habe mir auch keine speziellen sportlichen Ziele gesetzt, weil ich die Meinung vertrete, dass man in einem Mannschaftssport als Individuum keine Ziele formulieren sollte. Denn wenn ich den Anspruch habe, Meister zu werden, geht das nur, wenn die restliche Mannschaft den gleichen Gedanken hat. Man ist voneinander abhängig und deswegen macht das für keinen großen Sinn.

Hast du schon Vorstellungen davon, was du nach deiner aktiven Zeit machen möchtest?

Ich bin mir noch nicht ganz sicher. Ich habe in Köln Bauingenieurswesen angefangen zu studieren und bin dann zu Wirtschaftsingenieurswesen gewechselt. Allerdings bin ich mir ziemlich sicher, dass ich dabei nicht bleibe (lacht).

Was machst du abseits des Eises, um den Kopf freizubekommen?

Für mich sind es die simplen Sachen, würde ich sagen. Ich treffe mich mit Freunden und rede über andere Themen als den Sport. Ich lese sehr gerne und schaue viele Serien. Auch bin ich sehr fußballinteressiert und sehe mir auch viel Sport an. Ich würde sagen ich mache genau das, was Jungs in meinem Alter machen. Da gibt es eigentlich nichts Ausgefallenes wie Schmetterlinge beobachten oder so.

Wer hat dich auf deinem bisherigen Weg im Eishockey am meisten inspiriert oder unterstützt?

Unterstützt haben mich wirklich super viele – allen voran meine Eltern. Aber auch mein Freundeskreis aus der Schule, die unterstützen mich bis heute. Sie kommen, wenn es geht, zu jedem Spiel oder schauen es sich von Zuhause aus an. Selbst in den Phasen, in denen ich kaum gespielt habe, waren sie immer mit dabei. Und wenn ich ein gutes Spiel habe oder ein Tor schieße bekomme ich noch während dem Spiel Nachrichten, die ich dann nach dem Spiel natürlich erst sehe. Da merke ich schon immer wieder, dass ich einen sehr unterstützenden Freundeskreis habe. Aber auch im Eishockeybereich gab es eine Vielzahl an Trainern, die viel in mir gesehen haben und mich gefördert haben, da wäre es ungerecht einen herauszupicken, da sehr viele meinen Weg geprägt haben. Ihnen bin ich auch sehr dankbar, weil es ohne sie sicher nicht so gekommen wäre.

Vorbilder oder Inspirationen waren für mich nie die ganz großen Stars, weil zu meiner Jugendzeit die NHL keine Rolle gespielt hat. Sie würde nirgends übertragen, man hat davon eigentlich gar nicht viel mitbekommen. Meine Vorbilder kommen daher direkt aus meinem Heimatverein Kaufbeuren und heißen Jorden Webb, Max Schmidle oder Christoph Fröhlich. Aber ich war natürlich auch erst acht oder neun Jahre alt, da war jeder da unten auf dem Eis einfach der Wahnsinn. Bei den Jungs dachte ich mir schon häufiger: „Da würde ich später auch mal gern spielen."

Du bist aktuell im besten Eishockeyalter – welche Tipps würdest du jungen Talenten im deutschen Eishockey gerne mit auf den Weg geben?

Ich möchte mir nicht das Privileg herausnehmen, Leuten irgendwelche Tipps zu geben. Ich habe genug Mist gebaut, beziehungsweise Fehler begangen und ich glaube, dass jeder seinen eigenen Weg gehen muss. Ich meine das auch nicht böse, aber ich denke, dass gerade junge Spieler Entscheidungen selbst treffen müssen. Jede Situation ist anders, jeder Verein und jeder Trainer unterschiedlich. In jedem Kader und mit jeder Spielweise laufen die Dinge anders. Es gibt keine Allgemeinlösung, die man verfolgen kann. Das Wichtigste ist es, Spaß an der Arbeit zu haben, auch wenn es nicht läuft. Spaß daran haben, jeden Tag in die Halle zu kommen und hart zu arbeiten. Du musst verstehen, dass dir nichts geschenkt wird. Du musst aber auch deine eigenen Fehler begehen und deine Schlüsse daraus ziehen.

Gibt es etwas, das die Fans überraschen würde über dich zu erfahren?

Ich bin ein wahnsinns „Stadt – Land – Fluss" – Spieler. Da bin ich wirklich sehr kompetitiv und bin sehr stolz drauf. Das schreibe ich mir wirklich gerne auf meine Kappe. Selbst bei Flüssen – die habe ich nämlich alle von meiner Mama übernommen. Die wusste immer zu jedem Buchstaben einen Fluss bereits auswendig und die habe ich alle übernommen und kann sie auswendig.

 

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